Spinnerei III 2004

Spinnerei III — Festival für zeitgenössische Musik 2004

Ort: Tangofabrik Leipzig, Baumwollspinnerei, Spinnereistr. 7

Zeitraum: 15.10. bis 17.10. 2004

Die Konzertveranstaltungen im dritten “Spinnerei“-Festival verbinden Musik verschiedener Couleur. So stehen Werke junger sächsischer Komponisten ebenso auf dem Programm, wie Werke von international etablierten Vertretern der zeitgenössischen Musik.

Die Eröffnungsveranstaltung am Fr 15.10.04, 20 Uhr wird mit dem vom Sächsischen Musikrat e. V. organisierten Großprojekt „Musik als Bauelement für ein geeintes Europa“ Ausdrucksformen aus Musik, Szene, Tanz und Medien einbeziehen. Dieses Projekt erfährt im Oktober 2004 seine Uraufführung und kurz darauf im Rahmen unseres Festivals eine erste Wiederholung (siehe http://www.saechsischer-musikrat.de/mab.htm).

Das zweite Konzert am Sa 16.10.04 um 19 Uhr trägt den Titel „Neues Lied — Der Tod und das Märchen“, die Liedzyklen von Wolfgang Rihm, Rudi Spring, Wilfried Hiller, Steffen Reinhold und Christian FP Kram kreisen um märchenhaft-skurile, ironische Themen, oft in Beziehung mit Tod.

Das Nachtkonzert am Sa 16.10.04 um 22 Uhr ist ein Crossover-Projekt, Musik zwischen Improvisation und Komposition, zwischen Neuer Musik und Jazz.

Das Konzert am So 17.10.04 um 20.00 Uhr trägt den Titel „Zwischen klassischer Moderne und Postmoderne“, das Klavierduo „Ars synerga“ kontrastiert Werke der klassischen Moderne von Poulenc und Lutoslawski mit solchen der Postmoderne von Anne-Kathrin Wagler, Christian FP Kram sowie einer Uraufführung einer neuen Komposition von Carsten Hennig.

Mit der Tangofabrik auf dem Fabrikgelände der alten Baumwollspinnerei steht uns ein außergewöhnlich inspirierender Veranstaltungsort zur Verfügung, der sich durch seine Variabilität und unkonventionellen Atmosphäre für die Vielschichtigkeit des Festivals hervorragend eignet.


Szenenfoto Konzert 1


Mareike Schellenberger und Eckehard Schubert


Thomas Prokein

Pressetext vom Festival Spinnerei III:

Zeitgenössische Musik ist …
„Spinnerei III“ öffnete das Portfolio der Neuen Musik


Durch die zerbrochenen Fenster der Fabrikhallen pfeift der Wind. Das Kopfsteinpflaster der Gassen wellt sich in Berge und Täler. Die mächtigen Gebäude der Baumwollspinnerei ragen schwarz in den grauen Nachthimmel. In Verwitterung und Bewegungslosigkeit wird das Neue hineingepflanzt: Zum dritten Mal schon hat die Zeitgenössische Musik Einzug in diese unwirkliche Umgebung gehalten. Vom 15. bis 17. Oktober besuchten etwa 500 Neugierige, Kenner und Fans der Neuen Musik „Spinnerei III“ in die Leipziger Tangofabrik.

Zeitgenössische Musik, das ist … Die vier Konzerte vermochten darauf natürlich keine eindeutige Antwort geben. Sächsische Interpreten und Komponisten im MusikProjektSachsen hatten ein lokal geprägtes, vielschichtiges und facettenreiches Programm zusammen gestellt, das Offenheit für ausgefallene Definitionen des Begriffs zeigte.

Zeitgenössische Musik ist ein Baustein

Am ersten Konzertabend ging es um mehr als nur ums Hören, sondern ebenso ums Sehen, Fühlen. Unter dem Titel „Component Europe“ wurde Musik zum Teil einer umfassenden, sich ständig bewegenden Kunst, verbunden mit VideoProjektion, theatralischer Darstellung, Computerkunst. Ganz im Sinne des Titels: Im Auftrag des Sächsischen Musikrat hatten sich die drei Künstlerteams mit der sich formenden Völkergemeinschaft Europas auseinander gesetzt.

Zeitgenössische Musik braucht ein eigenes Rezept

In einem Raum ohne Grenzen, muss der Künstler seine eigene Konturen schaffen. Stimme, Instrument, Worte waren die Zutaten, aus denen das zweite Konzert – ein Liederabend mit Mezzosopranistin Mareike Schellenberger und Pianist Eckehard Schubert – komponiert war. Fünf unterschiedliche Mixturen in einem großen dramatischen Bogen brachten das Publikum vom Schaudern bis Kichern.

Zeitgenössische Musik darf unterhalten

Orientalische Skalen, Chansonweisen, Jazzkadenzen und Rhythmuspattern aus dem Computer – Pianist Tilo Augsten und Thomas Prokein an der Violine bedienten sich Sonnabend Nacht aus den popularmusikalischen Repertoirekisten unserer Zeit und schufen neu: TechnoTango bis SchlagerRock. Herausgelöst aus ihrer Tradition nahmen die „Crossover“-Musiker die Stile wie Material, um daraus in synthetischer Improvisation ihr eigenes Bauwerk zu schaffen.

Zeitgenössische Musik ist alt und neu

„Zwischen klassischer Moderne und Postmoderne“ nannten „ars synerga“ ihr Programm, mit dem das Festival am Sonntag schloss. Das Leipziger Klavierduo bewegte sich im Spannungsfeld von Tradition und Forschritt, erinnerte an Ursprünge und führte das Publikum in ungewohnte Fahrwasser. Mit Werken von Francis Poulenc (1899-1963) bis Carsten Hennig (*1967) spannte es den Bogen und festigte publikumswirksam den Kontext in dem die Zeitgenössische Musik steht.

500 Besuchern in der Tangofabrik und die Unterstützung namhafter sächsischer Kulturförderer wie die Pianofortefabrik Julius Blüthner, der Sächsischen Musikrat, die Sparkasse Leipzig und die Paul Woitschach-Stiftung – das Konzept der Veranstalter ist aufgegangen. Neue Musik wurde dem Rahmen eines offenen Forums präsentiert, das Komponisten, Interpreteten und Publikum mit einschließt, vielfältige Ideen zulässt, um damit einen künstlerisch kritischen Diskurs anzufachen.


Ann-Kathrin Seidel/aks